Der Suchbegriff „TTIP Protest“ bei google ergibt ungefähr 526.000 Ergebnisse! Diese Zahl ist nicht nur Beweis dafür, dass TTIP viele Menschen bewegt sondern auch Hinweis darauf, dass es schwer sein dürfte zwischen Meinung und Nachricht, zwischen Information und Desinformation zu unterscheiden.
Hiermit wollen wir unseren Beitrag zu mehr Transparenz und Information leisten.
Was ist das, die Transatlantische Handels- und Investitions-Partnerschaft (TTIP = Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen den USA und der EU (Anfang der 90-er Jahre noch TAFTA = Trans-Atlantic Free Trade Agreement genannt)?
Zur Geschichte der Freihandelsidee zwischen den USA und Europa:
TAFTA – auch ökonomische NATO genannt – sollte eine Freihandelszone zwischen der EU und den Vereinigten Staaten genannt werden. Die grundsätzlichen Diskussionen darüber begannen in den 90-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Im Februar 2013 kam es dann zu den ersten ernsthaften Sondierungsgesprächen und der Name Transatlantic Trade and Inverstment Partnership wurde geboren.
In Deutschland gehörte der ehemalige Daimler Benz CEO Edzard Reuter zu den ersten Befürwortern einer Freihandelszone zwischen der EU und den USA. Der britische Verteidigungsminister Malcolm Rifkind wollte die Idee sogar dahingehend erweitern, dass die NATO durch eine Organisation ersetzt werden sollte, die die Alliierten sowohl wirtschaftlich wie auch militärisch verbinden würde und er fand im französischen Außenminsiter Alain Juppe einen begeisterten Anhänger.
Was als idealistischer Gedanke Weniger begann wurde zu einer Bewegung: Der gaullistische Präsidentschaftskandidat Jacques Chirac griff Juppe’s Gedanken auf und machte sie zu einem Teil seines Wahlkampfprogramms. Der englische Premier Minister John Major sprach für TAFTA als er im April 1995 den amerikanischen Präsidenten Bill Clinton traf. Und der deutsche Außenminister Klaus Kinkel vertrat die TAFTA Idee anläßlich einer Rede in Chicago. (Das Spiel mit TAFTA DIE ZEIT 24/1995)
Damals meinte der amerikanische Außenminister Warren Christopher zu dem „europäisch-amerikanischen-Wirschaftsbündnis“: „Jede Vereinbarung über eine Freihandelszone muß unser überragendes Ziel der globalen Handelsliberalisierung voranbringen und darf die Entwicklungsländer nicht benachteiligen“. Ein Gedanke der wohl schon bald in Vergessenheit geraten ist.
Dafür erkannte Amerika um die Jahrtausendwende, dass Europa mit der Liberalisierung innerhalb der EU eine großartige wirtschaftliche Entwicklung genommen hatte, währenddessen die USA ökonomische und soziale Probleme hatten. Während der Binnenmarkt stagnierte, konnten exportorientierte Unternehmen 15-20 Prozent höhere Löhne zahlen und lagen in ihrer Produktivität um bis zu 40 Prozent besser. Es entstand der Gedanke des „Weltweit freien Handels bis 2010“. (Auf dem Weg zum Freihandel)
Im Oktober 2002 fand in Brüssel die internationale Konferenz „Between Regionalism and Globalism: European Union Transregional and Interregional Trade Strategies.“ (Zwischen Regionalität und Globalismus: Die transregionalen und interregionalen Handelsstrategien der EU). Zu Vorbereitung dieser Konferenz erschien ein Papier mit dem Titel „Die Europäische Union und Nord Amerika“.
Dieses Papier arbeitete die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Europa über die letzten Jahrzehnte auf und kam zu einem bemerkenswerten Schluss:
„Ausgehend von den derzeitigen ökonomischen Gegebenheiten scheint ein TAFTA nur möglich, wenn ein Ereignis eintritt, dessen transformierende Kraft ausreicht um eine neue politische Grundlage für ein interregionales Abkommen zu schaffen. Ohne ein solches Ereignis scheint es nur wenige Antriebskräfte für die Schaffung eines TAFTA zu geben. Weder in Interessengruppen noch in den EU-Institutionen. Weder aus machtpolitischen Erwägungen noch aus kulturellen oder Identitäts-Überlegungen.“
„Davon ausgehend, dass nicht einmal der 11. September eine ausreichend transformierende Kraft hatte, um eine neue politische Grundlage für ein TAFTA zu schaffen, ist es für die Offiziellen Nord Amerikas und Europas wohl das Beste, darauf zu hoffen, dass ein solches Ereignis auch nicht eintritt. Schließlich ist das Nicht-Vorahndensein eines formalen Interregionalismus kein Indikator für den schlechten Gesundheitszustand der transatlantischen Beziehungen – wohingegen sein zukünftiges Vorhandensein sehr wohl die Reflektion eines prekäreren Zustands der Weltpolitik und/oder der internationalen Wirtschaft als Ganzes sein könnte.“
Welche Weitsicht, denkt man an TTIP und den Zustand der Welt.
Im Oktober 2006 schreibt das Hamburgische WeltWirtschafts Institut in seinem Blickpunkt:
„Dieses transatlantische Handels- und Investitionsabkommen soll, ähnlich wie früher das MAI, die Privilegien von Konzernen und Investoren absichern und sogar noch ausweiten. So wollen die EU und die USA ihre jeweiligen Standards in „nicht handelspolitischen“ Bereichen vereinheitlichen. Diese angestrebte „Harmonisierung“ orientiert sich erwartungsgemäß an den Interessen der Konzerne und Investoren. Werden deren Standards nicht erfüllt, können zeitlich unbegrenzte Handelssanktionen verhängt werden. Oder es werden gigantische Entschädigungen für die Unternehmen fällig.“
„Aber die gute Nachricht kommt zum Schluss: Alle bisherigen Versuche, internationale Handelsabkommen als trojanisches Pferd zum Abbau des Sozialstaats und die Rückkehr zu einem neoliberalen Nachtwächterstaat zu benutzen, sind jämmerlich gescheitert. Das wird auch dieses Mal so kommen, wenn die Bürger, die Medien und auch einige Politiker endlich aufwachen und die klammheimlichen Versuche, die Demokratie zu untergraben, zum Scheitern bringen“
P.S.:
Und was ist CETA, das Comprehensive Economic and Trade Agreement (Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen) zwischen Kanada und der EU? Das ist nichts weiter als die Blaupause für das TTIP. Interessenlage und Auswirkungen stehen denen des TTIP in nichts nach.
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